Leitbild

des Instituts für Tierethik, Tierrecht und Tierschutz

Fair zu Mensch und Tier
Wie wir Menschen Tiere behandeln, betrifft im Kern die Frage nach unserer Menschlichkeit und Empathiefähigkeit. Tiere, ob wild oder domestiziert, sind fühlende Mitgeschöpfe und sind mit Respekt zu behandeln. Sie sind Geschöpfe, die ebenso wie wir Menschen ein Anrecht auf einen intakten Lebensraum sowie körperliche Unversehrtheit haben müssen. Forschung und Wissenschaft, insbesondere die Verhaltensbiologie, belegen immer mehr, dass die Unterschiede zwischen Tier und Mensch immer geringer werden. Oder ethisch ausgedrückt: Die anthropologische Differenz zwischen Mensch und Tier wird immer kleiner.

Andererseits hat unsere Respektlosigkeit gegenüber Wildtieren und sogenannten Nutztieren sowie die Beraubung ihrer Lebensräume eine Situation geschaffen, die in vielfältiger Weise nicht mehr tragbar ist. Wir möchten dabei mitwirken, ein grundsätzliches Umdenken herbeizuführen, das den Übergang zu einer humaneren Gesellschaft ermöglicht. In dieser sollen die Interessen von Mensch und Tier gleichermaßen berücksichtigt werden.

Wir sind bestrebt, das bestehende System der Tiernutzung zugunsten der Tiere zu verbessern und es eines Tages obsolet zu machen. Da dies ein langwieriger Prozess mit vielen Zwischenschritten ist, setzen wir uns zunächst auch für eine schrittweise Reduktion des Verbrauchs von Tierprodukten ein. Langfristig jedoch setzen wir uns für ein Ende der Nutzung von Tieren als Nahrungsquelle ein. Eine pflanzenbasierte Ernährungsweise ist die ethisch beste Lösung und kann auch vielseitig begründet werden.

Vielfältige Fragen beschäftigen uns Menschen schon seit Jahrtausenden: Wie soll der Mensch mit Tieren umgehen? In welchem Maß soll er Rücksicht nehmen auf ihre Interessen? Haben Tiere gar eine Würde?

Tierethik als Orientierung
Die Tierethik beschäftigt sich mit den moralischen Fragen, die sich aus dem menschlichen Umgang mit Tieren ergeben. Hierbei stehen insbesondere Fragen nach der Legitimität der Nutzung von Tieren für menschliche Interessen im Mittelpunkt. Ausgangspunkt einer Tierethik ist üblicherweise eine anthropozentrische Auffassung, nach der der Mensch das „Maß aller Dinge“ ist und die Leidensfähigkeit der Lebewesen weniger ein Kriterium für ihren Einbezug in die Sphäre der Moral. In dem Zusammenhang wird oft auch von „Speziesismus“ gesprochen. Eine Form der Diskriminierung, die die Ansicht vertritt, dass alle anderen Tiere dem Menschen unterlegen seien.

Tierschutz als Weg
Wenn wir Tiere halten, sollten die artgerechte Tierhaltung nach neusten Erkenntnissen und damit der Tierschutz und das Tierwohl an vorderster Stelle stehen. Ebenso sollten die Rahmenbedingungen passen: die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere sowie die Möglichkeit, ihren natürlichen Verhaltensweisen und Bedürfnissen nachzugehen. Sie sollen frei von Hunger und Durst, von haltungsbedingten Beschwerden, von Schmerzen, Verletzungen und Krankheiten, von Angst und Stress sein.

Einen großen Einfluss auf das Tierwohl haben Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung. Der Preis, den sie für tierische Lebensmittel bezahlen, hat Signalwirkung: Billig geht zu Lasten der Tiere.

Ein artgerechtes, leidfreies Tierleben ist mit den wirtschaftlichen Interessen der Agrarindustrie (und der Forschung) nur schwer vereinbar. Konkrete Gesetze und Verordnungen sind oft weniger am Tierwohl orientiert als an den Interessen der Industrie. Konzerne und Lobbygruppen bestimmen nach wie vor entscheidend mit, ob Praktiken in der Tierhaltung legal bleiben oder nicht. Sie verhindern oder verzögern wichtige und überfällige Entwicklungen. Zudem sind Verbraucher nur selten bereit, für bessere Haltungsbedingungen an der (Fleisch-) Theke mehr zu bezahlen.

Nur eine artgerechte Haltung ist dem Tierwohl verpflichtet. Diese rückt immer stärker in den Fokus einer nachhaltig-ökologischen Landwirtschaft.

Tierrechte für mehr Gerechtigkeit
Tierrechte sind nicht nur wegen der enormen Nutzung von Tieren durch den Menschen von besonderer Bedeutung, sondern auch wegen der schlichten Tatsache, dass die Rechts- und Sozialnormen auf die Frage nach dem menschlichen Umgang mit Tieren nur bedingt Antworten liefern.

Auch in Deutschland haben Tiere Rechte. Festgelegt sind diese im Tierschutzgesetz von 1972. Der Kern: Das Tier ist als »Mitgeschöpf« zu behandeln, niemand darf einem Tier ohne Grund Schmerz oder Schaden zufügen.

Ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, wie es allen Menschen nach dem Grundgesetz zusteht, spricht das Gesetz den Tieren jedoch nicht zu. Davon wären wesentliche Bereiche der Gesellschaft betroffen: Die Lebensmittelindustrie basiert zu einem wichtigen Teil auf der Ausbeutung und Tötung von Tieren.

Wir sind der Überzeugung, dass entgegen traditioneller Ansichten der Gesellschaft Tiere einen intrinsischen Wert haben, der vollkommen unabhängig ist von ihrem Nutzen für den Menschen. Jedes Lebewesen hat das Recht auf ein unversehrtes Dasein und Freiheit. Wir engagieren uns dafür, die Anerkennung und Umsetzung von Tierrechten zu erreichen und wollen das Bewusstsein über die Bedürfnisse und Interessen der Tiere stärken sowie Tierrechte auf der Ernährungs-, Konsum- und Gesetzgebungsebene besser verankern.

Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion
Auch Deutschland muss als Mitverursacher der globalen Ernährungskrise jetzt handeln und mit einem ernährungspolitischen Gesamtkonzept den Wandel gestalten. Dabei müssen alle an einem Strang ziehen: die Politik mit einer ressortübergreifenden tier- und klimagerechten Ernährungsstrategie, die Wirtschaft mit einer nachhaltigen, klima- und tierfreundlichen Ernährungsweise und die Verbraucher mit dem Treffen ethischerer Kaufentscheidungen.

Tiere wie Hühner, Schweine, Puten und Rinder müssen in der intensiven Tierhaltung in Zuchtanlagen, Mastställen und Schlachthäusern weltweit tagtäglich großes Leid ertragen. Die in der Agrarindustrie übliche und gesellschaftlich tolerierte Art der Tierhaltung und Lebensmittelproduktion wertet sogenannte „Nutztiere“ zum reinen Produkt ab.

Die wahren Kosten der (Billig-)Fleischerzeugung werden in den Preisen jedoch nicht abgebildet: Die Fleischproduktion in der Massentierhaltung ist einer der größten Treiber des Klimawandels, sie zerstört Lebensräume und fördert Krankheiten. Ferner müssen auch die Tiere in diesem System einen hohen Preis zahlen.

Die dem Diktat der Wirtschaftlichkeit und Optimierung unterworfene Billigproduktion in immer größeren Ställen bremst dabei weitgehend tierfreundliche und ökologisch vorteilhafte Fortschritte aus, die von Bauern und Bäuerinnen sowie der Wissenschaft entwickelt wurden. Umwelt- und tiergerechte Bauernhöfe, die heimisches Futter statt Gentechnik und Importfutter nutzen, sollen nach der Logik der Agrarindustriepolitik und ihrer Ausrichtung hin zu immer mehr exportorientierten industriellen Tierhaltung, Schlachthöfe, Molkereien und Transporten ein Auslaufmodell werden.

Bei Fleisch aus ökologischer Tierhaltung hingegen fällt die Belastung für Umwelt und Klima deutlich geringer aus. Die übergeordneten Ziele im Sinne einer ökologischen Entwicklung im Ernährungsbereich sind Ressourcenschonung, Erhalt der ökologischen Tragfähigkeit, faire Produktionsbedingungen für Mensch, Tier und Natur und vor allem auch: Erhalt und Entwicklung der Arten- und Biotopvielfalt. Das gilt auch für flächengebundene Tierhaltungssysteme, deren Tierbestände an die Flächen der landwirtschaftlichen Flächen gebunden und damit auch begrenzt sind, was Umwelt und Tieren Vorteile bringt.
Eine deutliche Reduktion der Herstellung und des Konsums tierischer Produkte ist jedoch noch um ein Vielfaches nachhaltiger. Weniger Tierhaltung bedeutet weniger Tierleid und weniger Treibhausemissionen. Außerdem ist die Reduktion des Fleischkonsums gesund und der Fleischverzicht aus heutiger Sicht nicht nur ethisch gerechtfertigt sondern auch aufgrund der heutigen Ernährungsmöglichkeiten unter gesundheitlichen Gesichtspunkten unbedenklich. Die wachsende Zahl der Vegetarier und Veganer in Deutschland kann deshalb im dem Zusammenhang auch als ein Protest gegen die gängige Massentierhaltung gewertet werden.